Nicola Spaldin, 1969 in England geboren, ist die zweite Frau, die in der bald hundertjährigen Geschichte des Preises geehrt wird. An der Verleihung in Bern präsentierte die Professorin der ETH Zürich ihre zukunftsweisenden Arbeiten zu Multiferroika. Diese neuartigen Substanzen reagieren sowohl auf magnetische als auch auf elektrische Felder. Mit ihrem Team untersucht Nicola Spaldin vor allem Bismutferrit, einen Kristall aus Bismut, Eisen und Sauerstoff. Er behält seine multiferroischen Eigenschaften auch bei Raumtemperatur.
Ultraschnelle Rechner und winzige Datenspeicher
Multiferroika ermöglichen die Entwicklung von elektronischen Geräten mit gänzlich neuer Architektur und höherer Energieeffizienz. Dies können zum Beispiel ultraschnelle Rechner, winzige Datenspeicher oder Präzisionsmessgeräte sein. „Viele unserer drängendsten globalen Herausforderungen – Energie, Umwelt, Klima, Trinkwasser und so fort – können nur mit neuen und besseren Materialien überwunden werden. Wir arbeiten daran, dass mutliferroische Materialien Teil der Lösung werden», so Nicola Spaldin.
Bereits als junge Forscherin hat Nicola Spaldin mit viel Mut und Durchhaltewillen die Multiferroika-Forschung wieder zum Leben erweckt. So lobte Laudatorin Roser Valenti, Professorin der Goethe-Universität Frankfurt, Nicola Spaldin auch als «eine ausserordentlich kreative und leidenschaftliche Wissenschaftlerin, die über eine ausgeprägte Intuition für das Rätsellösen in der Quantenmechanik verfügt.»
Forschung und Politik mit Weitsicht
Der mit 250’000 Franken dotierte Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist ist der renommierteste Wissenschaftspreis der Schweiz. Seit 1920 zeichnet die gleichnamige Stiftung herausragende Forschung aus, die für das menschliche Leben von Bedeutung ist. Elf Preisträger haben später den Nobelpreis erhalten.
Bundesrat Guy Parmelin würdigte als Präsident der Stiftung die neue Preisträgerin: «Die Arbeit von Professor Spaldin ruft uns die fundamentale Rolle der Grundlagenwissenschaften für die Innovationsleistung der Schweiz in Erinnerung. Ich hoffe, dass wir dem Nobelkomitee auch mit dieser Wahl ein weiteres Mal einige Jahre voraus sind!»
Die Forschung sei heute stärker denn je unter Druck, Lösungen für aktuelle Herausforderungen von Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft zu erbringen, sagte Bundesrat Guy Parmelin und fügte an: «Nicola Spaldins Leistung zeigt ausserdem, wie elementar optimale Rahmenbedingungen sind, um Pionierarbeit zu ermöglichen. Die Politik trägt die Verantwortung, diese Bedingungen zu sichern.»
Auswahl durch den SNF
Insgesamt 15 Nominationen aus dem Bereich Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften gingen dieses Jahr ein. Zum zweiten Mal in Folge war der Schweizerische Nationalfonds (SNF) für die Auswahl zuständig. Das Evaluationsgremium stützte sich auf das bewährte Verfahren von 2018, welches weitgehend digital und anonymisiert verläuft. Das Geschlecht, die Publikationsliste und die Hochschule der Anwärterinnen und Anwärter werden erst in einer zweiten Bewertungsrunde dem Gremium offengelegt.