Wenn Tobias Kippenberger, der für seine bahnbrechenden Entdeckungen mit dem Marcel Benoist Preis 2025 ausgezeichnet wurde, über Photonik, Quanten-Optomechanik und optische Mikroresonatoren spricht, geht es um Licht, aber auch um Weingläser, Kämme und Veloreifen. Diese Forschungsfelder sind von entscheidender Bedeutung für die moderne Technologie, haben aber natürlich nichts mit Önologie, Trichologie (Fachgebiet für Haare und Kopfhaut) oder Radsport zu tun. Oder etwa doch?
Tatsächlich entdeckte der heute 49-jährige Physiker seine Berufung für die Wissenschaft beim Velofahren. In seiner Heimatstadt Bremen rutschte er an einem kalten Wintermorgen mit dem Fahrrad auf Glatteis aus. Diese transparente, fast unsichtbare dünne Eisschicht ohne Luftbläschen entsteht, wenn Wasserdampf kondensiert und auf der Strassenoberfläche gefriert ‒ und dafür muss die Luft gar nicht besonders kalt sein. Der Jugendliche war verblüfft über den Unfall und darüber, wie er die Strassenverhältnisse falsch eingeschätzt hatte. Er fragte sich, ob es eine Möglichkeit gäbe, wie Autos die eisige Fahrbahn erkennen könnten. Doch damals existierte noch kein solches System. Als er ein Plakat für den Wissenschaftswettbewerb «Jugend forscht» sah, beschloss er, daran teilzunehmen. Bei seinen Recherchen stiess er auf wissenschaftliche Studien zur Gletscherbeobachtung per Satellit. Er kontaktierte lokale Unternehmen, die ihm Material zur Verfügung stellten. Dank seiner Leidenschaft für Computerprogrammierung entwickelte er schliesslich einen Versuchsaufbau zur Erkennung von Glatteis mithilfe von Mikrowellen und Infrarot. Damit gewann er zunächst den Nachwuchswettbewerb in Deutschland und schliesslich das europäische Pendant von «Jugend forscht». So nahm seine Laufbahn ihren Anfang.
Wie Motorradfahrer im Zirkus
Nach seinem Physik- und Elektrotechnikstudium an der RWTH Aachen strebte er eine Tätigkeit «an der Schnittstelle von Physik und Engineering» an. Er bewarb sich an verschiedenen Universitäten und wurde am renommierten California Institute of Technology (Caltech) angenommen, wo er sogar ein Stipendium erhielt. Nach dem Master begann er sein Doktorat. «Dafür musste ich ein Thema wählen. Auf Anraten meines späteren Doktorvaters, Kerry Vahala, entschied ich mich für das damals noch exotische Forschungsfeld der optischen Mikroresonatoren.» Dabei handelt es sich um mikroskopisch kleine Glaskugeln, in denen Lichtteilchen ‒ sogenannte Photonen ‒ gefangen bleiben und zirkulieren, ähnlich wie Motorradfahrer in diesen Stahlkäfigen im Zirkus.
«Ich wollte an der Schnittstelle von Physik und Engineering arbeiten.»
Tobias Kippenberg studierte diese Strukturen und entwickelte daraus eine neue Form: einen Glasring, der an einen Veloreifen erinnert, mit einem Durchmesser von nur 30 Mikrometern, also dreimal dünner als ein menschliches Haar. Und er machte eine bedeutende Entdeckung: Wird das Licht eines Lasers tangential in diesen transparenten Ring eingespeist, kann es darin bis zu einer Million Mal zirkulieren und prallt dabei immer wieder an den gekrümmten Wänden ab. Infolge dieser Bewegung üben die Photonen einen Druck auf die Wände des Rings aus, den sogenannten Strahlungsdruck. Wird dieser stark genug, kann er den Ring in Schwingung zu versetzen. Mit anderen Worten: Das Licht erzeugt hier einen mechanischen Effekt.

Tobias Kippenberg erklärt das Phänomen gerne am Beispiel eines Weinglases: «Wenn Sie mit einem feuchten Finger über den Rand des Glases streichen, verstärkt diese Berührung die Vibration des Glases so sehr, dass Sie einen Klang hören. In unseren Experimenten ist das Licht der Finger. Es verstärkt die mechanische Schwingung des Rings, die auch messbar ist». Man spricht deshalb von einem Mikroresonator, also einem winzig kleinen Resonanzkörper. Die Forschungen, die er während seiner Postdoktorandenzeit am Caltech und später in Deutschland als unabhängiger Forscher am Max-Planck-Institut für Quantenoptik durchführte, eröffneten das Forschungsfeld der Quanten-Optomechanik und wurden in zahlreichen Artikeln veröffentlicht. Seine Durchbrüche führt er zum Grossteil auf eine gewisse Serendipität zurück.
«In unseren Experimenten ist das Licht der Finger. Es verstärkt die mechanische Schwingung des Rings, die auch messbar ist.»
«Zufällig stiess ich auf ein Buch des russischen Physikers Vladimir Braginsky, der den Effekt der Reflexion von Laserstrahlen an Spiegeln in sogenannten Interferometern beschrieb.» Im Jahr 1969 arbeitete Braginsky an den Entwürfen für zukünftige Gravitationswellendetektoren, die hochpräzise optische Systeme erforderten. Und er stellte die Hypothese auf, dass ein von Lasern erzeugter Strahlungsdruck diese Systeme stören kann, indem er die mechanische Schwingung der Spiegel verstärkt. «Es stand theoretisch alles in seinem Buch», erinnert sich Tobias Kippenberg. «Und ich hatte dieses mechanische Phänomen an unseren Ringresonatoren beobachtet! Wir mussten nur noch die Erfahrung mit der Theorie verknüpfen ‒ die Punkte verbinden.» Der junge Physiker konnte also eine fast 50 Jahre alte Vorhersage Braginskys beobachten, die «dynamische Rückkopplungsverstärkung» genannt wird.
Ein Heureka-Jahr
Doch damit nicht genug: 2006 konnte Tobias Kippenberg auch den gegenteiligen Effekt nachweisen. Wenn ein Laser in den Ring eingespeist wird und anschliessend wieder austritt, entzieht dieser dem System eine gewisse Menge an Energie. Dadurch werden die Schwingungen stark abgedämpft, bis der Glas-Mikroresonator fast «erstarrt». In der Physik nennt man diesen Vorgang Kühlung ‒ ein Konzept, das Braginsky bereits beiläufig in seinem Buch erwähnte.
«Ich hatte immer den Satz des berühmten Physikers Richard Feynman im Hinterkopf: ‹The first principle is that you must not fool yourself ‒ and you are the easiest person to fool.›»
Die Ergebnisse waren also in jeder Hinsicht bemerkenswert. War dies ein Heureka-Moment für den deutschen Physiker? «Ich würde eher von einem Heureka-Jahr sprechen, denn all das spielte sich über einen längeren Zeitraum ab. Ich hatte immer den Satz des berühmten Physikers Richard Feynman im Hinterkopf: ‹The first principle is that you must not fool yourself ‒ and you are the easiest person to fool.› Denn nun galt es zu beweisen, dass die beobachteten Effekte nicht durch die Wärme des Lichts verursacht wurden, sondern durch den Strahlungsdruck, also eine rein mechanische Eigenschaft.» Die folgenden Experimente sollten die Debatte jedoch rasch beenden und machten dieses Forschungsfeld noch spannender.
Ein erstklassiger Reinraum
Dieses Forschungsinteresse vertiefte Tobias Kippenberg in der Schweiz: 2008 kam er an die EPFL und 2010 verlegte er sein Labor des Max-Planck-Instituts dorthin. «Neben der anerkannten Exzellenz der beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen in Lausanne und Zürich sowie weiteren Faktoren wie der Stabilität und Sicherheit der Schweiz gab es für mich zwei Gründe, die mich hierherzogen: Zum einen die Qualität des «Reinraums», also diesem Labor ohne Verunreinigungen, in dem ich wusste, dass ich die gewünschten Technologien entwickeln konnte.

Zum anderen war die EPFL unter der Leitung des damaligen Präsidenten Patrick Aebischer eine der wenigen Hochschulen in Europa, die das Tenure-Track-System eingeführt hat. Dabei werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zunächst befristet für einige Jahre angestellt und erhalten anschliessend die Möglichkeit, eine unbefristete Professur zu erlangen. Tobias Kippenberg wurde 2013 zum ordentlichen Professor ernannt.
Die Quantenmechanik besagt, dass sich ein Quantenteilchen in einer Überlagerung mehrerer Zustände befinden kann – zum Beispiel an mehreren Orten gleichzeitig.
Vor diesem Hintergrund veröffentlicht er zusammen mit seinem Team in der renommierten Fachzeitschrift Nature einen bedeutenden Artikel darüber, dass der Quantencharakter des in die Mikroresonatoren injizierten Laserlichts mit dem der induzierten Schwingungen gekoppelt werden kann. Um zu verstehen, was das bedeutet, müssen wir zunächst einige verwirrende Prinzipien der Quantenphysik betrachten. So können zwei Photonen, die Hunderte Meter voneinander entfernt sind, dennoch sofort miteinander korrelieren, wenn man eines von ihnen manipuliert – als wären sie durch ein unsichtbares Band miteinander verbunden. Man sagt dann, dass die Photonen verschränkt sind. Die Quantenmechanik besagt, dass sich ein Quantenteilchen in einer Überlagerung mehrerer Zustände befinden kann – zum Beispiel an mehreren Orten gleichzeitig. Dieses Phänomen nennt man das Superpositionsprinzip. Diese Quanteneigenschaften gelten im Prinzip nur für die Welt des unendlich Kleinen und kommen bei grösseren Objekten wie Ringresonatoren normalerweise nicht zum Tragen. Dennoch unterliegen deren Schwingungen gewissermassen quantenmechanischen Gesetzen. Das ist verblüffend!
Optische Frequenzkämme
Letztendlich hat Tobias Kippenberg gezeigt, dass Licht, wie es in der Quantenmechanik beschrieben wird, mechanische Effekte auslösen kann, die nicht nur verblüffend, sondern auch nützlich sind: Eines der Forschungsgebiete, die er mitbegründet hat, nennt sich «Laserkühlung» und ermöglicht die Entwicklung von Sensoren, die Bewegungen mit einer unglaublichen Genauigkeit messen können, die zehn- bis tausendmal feiner ist als der Durchmesser eines Protons.
«Ich fühle mich natürlich sehr geehrt. Da ich aber noch lange nicht pensioniert werde, tut dies meiner Neugier keinen Abbruch …»
All diese Entdeckungen gaben der Grundlagenforschung in der Quanten-Optomechanik einen gewaltigen Schub und machten Tobias Kippenberg zu einem vielzitierten Experten auf diesem Gebiet. Er ist ein gefragtes Mitglied verschiedener Wissenschaftsakademien, darunter die amerikanische National Academy of Engineering und die deutsche Leopoldina. Zudem erhielt er bedeutende Förderungen, wie Stipendien des Europäischen Forschungsrats (ERC), und wurde mit renommierten Preisen ausgezeichnet, etwa dem ZEISS Research Award sowie dem Nationalen Latsis Preis im Jahr 2014. Und nun der Marcel Benoist Preis: «Ich fühle mich natürlich sehr geehrt. Da ich aber noch lange nicht pensioniert werde, tut dies meiner Neugier keinen Abbruch …» Bereits während seiner Doktorarbeit investierte er nämlich in ein weiteres vielversprechendes Forschungsgebiet: optische Frequenzkämme.

Hierbei handelt es sich um eine spezielle Anwendung gepulster Laserquellen, bei der durch eine technische Vorrichtung ein Spektrum aus Lichtlinien mit konstantem Frequenzabstand erzeugt wird. Visuell kann man sich einen Laserstrahl vorstellen, der durch diese Vorrichtung läuft und als eine Reihe von nebeneinander liegenden Lichtlinien austritt, die alle denselben Abstand zueinander haben, aber jeweils eine andere Frequenz besitzen ‒ ähnlich wie die Zinken eines Haarkamms. Aufgrund ihrer metrologischen (messtechnischen) Eigenschaften kann diese Spektralstruktur wie ein Schullineal für vielfältige optische Messungen verwendet werden.
Für die Entdeckung der optischen Frequenzkämme wurden der Amerikaner John L. Hall und der Deutsche Theodor W. Hänsch im Jahr 2005 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. «Als ich nach Deutschland kam, habe ich mit Theodor Häntsch zusammengearbeitet», erzählt Tobias Kippenberg. «Schon am Caltech war ich auf die Schriften des russischen Physikers gestossen ‒ und auch diesmal hatte ich das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Wir konnten eine weitere Beobachtung bestätigen, die wir zuvor mit unseren ringförmigen Mikroresonatoren gemacht hatten: Der aus dem Resonator austretende Laserstrahl besteht ebenfalls aus einer regelmässigen Abfolge von Lichtlinien.» Handelt es sich dabei ebenfalls um einen perfekten optischen Frequenzkamm? «Ja, das konnten wir zeigen», bestätigt der Physiker. Der grosse Unterschied: Während Theodor Hänsch für die Erzeugung von Frequenzkämmen noch einen ganzen Tisch voller optischer Geräte und viel Energie benötigte, gelingt dies mit Tobias Kippenbergs System in einer reifenförmigen Mikrostruktur, die kleiner ist als ein menschliches Haar.

Als krönender Abschluss konnte sein Team dieses Phänomen durch Experimente in der Grundlagenforschung erklären. Die durch den einfallenden Laser ausgelösten Schwingungen des Mikroresonators werden beim Austritt erneut in Licht umgewandelt. «Doch dieses Licht hat sich in der Zwischenzeit auf nichtlineare Weise selbst organisiert», erklärt Tobias Kippenberg. «Das austretende Licht ist nun nicht mehr kontinuierlich wie beim Eintritt in den Ring, sondern es wird in sehr kurze Pulse umgewandelt, die wie Lichtkugeln aussehen. Diese bezeichnet man als dissipative Solitonen und genau sie erzeugen auf der Mikrometerskala die optischen Frequenzkämme.»
Konkrete Anwendungen
Schnell wurde das Potenzial dieses Effekts für ganz konkrete Anwendungen deutlich. Etwa in der optischen Kommunikation, wo mehrere informationstragende Lichtsignale mit ähnlichen, aber leicht unterschiedlichen Frequenzen gleichzeitig durch eine einzige Glasfaser übertragen werden können. Oder in der Astronomie, wo Frequenzkämme genutzt werden, um spektrometrische Instrumente zu kalibrieren – beispielsweise bei der Analyse des Lichts von Exoplaneten, also Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems. Selbst in der Computertechnik eröffnet sich ein neues Feld: sogenannte neuromorphe Computerarchitekturen, die die parallele, hochgradig adaptive Funktionsweise von Milliarden von Neuronen nachbilden und dadurch die Datenverarbeitung beschleunigen.
«Das sind alles physikalische Prinzipien, die in der Natur existieren und die wir einfach beobachten können. Das ist schön und faszinierend!»
Im Rückblick auf all diese Entdeckungen erinnert sich Tobias Kippenberg an einen Rat, den ihm einer der Betreuer seiner Doktorarbeit am Caltech, der israelische Professor Amnon Yariv, einmal gegeben hatte. Damals überlegte Kippenberg, wie es mit seiner wissenschaftlichen Karriere weitergehen sollte: «Wenn du etwas machst, dann mach entweder etwas sehr Schönes oder etwas sehr Nützliches ‒ aber nichts dazwischen!» Den ästhetischen Aspekt glaubt der Physiker unmittelbar erlebt zu haben: «Diese Verbindung zwischen der klassischen und der Quantenphysik, die Solitonen, die optischen Frequenzkämme ‒ das sind alles physikalische Prinzipien, die in der Natur existieren und die wir einfach beobachten können. Das ist schön und faszinierend!»
Auch in Bezug auf den praktischen Nutzen seiner Forschung hat Tobias Kippenberg sein Ziel erreicht: Mit dem Preisgeld des Latsis-Preises und dank seiner wissenschaftlichen Entdeckungen hat er das Start-up-Unternehmen LIGENTEC SA mitbegründet, das heute rund siebzig Mitarbeitende auf dem Campus der EPFL und in Frankreich beschäftigt. «Am Anfang wollten wir nur die Frequenzkämme vermarkten», erinnert er sich. «Dann haben wir jedoch festgestellt, dass das Anwendungspotenzial unserer integrierten photonischen Schaltkreise der nächsten Generation, die äusserst energieeffizient sind, weit darüber hinausgeht.» Tatsächlich so weit, dass der Professor heute gerne das Kompetenzspektrum seiner Forschungsgruppe noch weiter ausbauen würde. Dabei stösst er jedoch mitunter auf Schwierigkeiten, die nötige Finanzierung zu sichern. «Die Schweiz unternimmt grosse Anstrengungen zur Förderung der Wissenschaft», betont er, «aber hauptsächlich durch projektbezogene Fördermittel und eine erweiterte Grundfinanzierung. Für eine echte Systemtransformation müsste es möglich sein, Forschende direkt für eine festgelegte Dauer mit einem substanziellen Betrag zu unterstützen und am Ende eine umfassende Evaluation durchzuführen. Genau so, wie es in den USA insbesondere vom Howard Hughes Medical Institute (HHMI) praktiziert wird ‒ ein Programm, das erstaunlich erfolgreich ist.» Seiner Ansicht nach zwingen die in Europa bestehenden Finanzierungssysteme Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu, mehrere Förderzusagen für unterschiedliche Projekte wie Perlen an einer Kette aneinanderzureihen, um überhaupt gross angelegte Forschungsarbeiten realisieren zu können. Er ist überzeugt: «In der Schweiz könnte ein Programm ähnlich dem HHMI ein Katalysator für die Spitzenforschung sein, insbesondere in Bereichen, die sehr kostspielig sind und den Einsatz grösserer Teams erfordern.» Ebenso könnte ein solches Programm dazu beitragen, das Innovationspotenzial der Schweiz, das sich in internationalen Rankings regelmässig in Spitzenplätzen widerspiegelt, besser in konkrete industrielle Wettbewerbsvorteile zu überführen. Tobias Kippenberg erklärt, dass rund drei Viertel der von seiner Forschungsgruppe verwendeten Gelder aus den USA oder Europa stammen. Ohne dieses nicht-schweizerische Geld könnte er seine Forschungen, insbesondere diejenigen zu integrierten photonischen Schaltkreisen, nicht durchführen.

Europas Rolle in der Forschung
Mit Erschütterung blickt der Physiker auf die jüngsten Ereignisse zurück, die dazu geführt haben, dass in der Schweiz ansässige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vorübergehend von europäischen Forschungsprogrammen wie Horizon oder Quantum Flagship ausgeschlossen wurden. «Das hat in meinem Labor Spuren hinterlassen. Ich habe insbesondere ein Projekt verloren, an dem wir als Koordinatoren beteiligt waren, sowie zahlreiche andere Finanzierungsmöglichkeiten im Bereich der Quantenwissenschaften und -technologien. Die vom Schweizerischen Nationalfonds rasch eingeleiteten finanziellen Abhilfemassnahmen waren natürlich willkommen, konnten dies aber langfristig nicht ausgleichen.» Im Jahr 2020 sagte er dem europäischen Online-Magazin Science|Business, dass er nicht ausschliesse, die Schweiz zu verlassen, wenn keine Lösung gefunden werde. Er hätte es allerdings sehr bedauert, nicht mehr seinen Lieblingsbeschäftigungen nachgehen zu können: Wandern in den Bergen und Radfahren, vor allem auf den Serpentinen der zahllosen Alpenpässe.
«Folge deinen Interessen im Berufsleben, aber erwarte nicht, dass es einfach wird!»
Heute, im Jahr 2025, hat sich die Situation verbessert, da die in der Schweiz tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wieder Zugang zu den meisten europäischen Programmen erhalten haben, wenn auch nicht zu allen. Tobias Kippenberg lebt mit seiner Frau, die ebenfalls an der EPFL forscht, und ihren beiden kleinen Kindern (vier und ein Jahr alt) nur wenige Gehminuten vom EPFL-Campus entfernt. Fürs Erste ist er erleichtert: «Das ist eine Chance.» Sein Motto, das er auch seinen beiden Söhnen vermitteln will: «Folge deinen Interessen im Berufsleben, aber erwarte nicht, dass es einfach wird!»

