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2019
Prof. Dr. Michel Mayor
Astronomie
Genf
«In Anerkennung der Entdeckung des ersten Planeten ausserhalb des Sonnensystems um den Stern Pegasus 51 sowie für die wichtigen theoretischen Arbeiten und die Entwicklung von Instrumenten, die dieser Entdeckung vorangingen und sie überhaupt erst ermöglichten.»
Die Arbeiten von Michel Mayor entsprechen dem Profil einer qualitativ hochstehenden Forschung besonders gut. Gemäss den konsultierten Experten ist die Entdeckung des ersten Planeten ausserhalb des Sonnensystems kein Zufall, sondern das Ergebnis bemerkenswerter, mehrjähriger theoretischer Fortschritte und ausgeklügelter technischer Entwicklungen. Zwar bestätigt die Entdeckung eines Planeten auf einer Umlaufbahn um den Stern Pegasus 51 in gewisser Weise die theoretischen Voraussagen, stellt aber auch frühere Gewissheiten in Frage: Gemäss den Experten machen die unerwarteten Eigenschaften dieses Planeten eine tief greifende Überarbeitung der Modelle zur Beschreibung der Entstehung von Planetensystemen erforderlich. Die nachfolgende Entdeckung von rund zehn weiteren extrasolaren Planeten dank der von Mayor und seinen Mitarbeitern entwickelten Methodik zeugt ebenfalls vom grossen Einfluss dieser Arbeiten auf die Astronomie im Allgemeinen. Schliesslich ist bekannt, wie sehr diese Entdeckung für Kontroversen gesorgt hat – eine gesunde und lebendige Diskussion übrigens, in der besten Tradition der wissenschaftlichen Auseinandersetzung auf höchstem Niveau.
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2002
Prof. Dr. Kurt Wüthrich
Biophysik/Molekularbiologie
ETH Zürich
Wenn das Verständnis über Lebensprozesse erweitert wird
Kurt Wüthrich, Biophysiker an der ETH Zürich, steht für die Entwicklung der kernmagnetischen Resonanzspektroskopie (NMR) zur Bestimmung der dreidimensionalen Struktur von biologischen Makromolekülen. Durch seine Arbeit hat er die Anwendung von NMR auf Proteine ermöglicht. Die Möglichkeit, Proteine nachzuweisen, im Detail zu analysieren und dreidimensional in Lösung darzustellen, hat das Verständnis der Lebensprozesse erweitert und damit die Entwicklung neuer Heilmittel revolutioniert. Neue und vielversprechende Anwendungen werden laufend auch aus anderen Bereichen gemeldet, z.B. aus der Lebensmittelkontrolle und der Frühdiagnostik von Brust- und Prostatakrebs.
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1991
Richard R. Ernst
Physikalische Chemie
ETH Zürich
«[…] in Anerkennung seiner grossen Verdienste um die Entwicklung der Magnetischen Kernresonanz-Spektroskopie, die wesentlich zu neuen Erkenntnissen in der Chemie, der Biologie und der Physik beigetragen hat und heute als Spin-Tomographie in der Medizin als bildgebendes Diagnose-Instrument ohne Strahlenbelastung Anwendung findet.»
Die Kernresonanz-Spektroskopie (NMR für Nuclear Magnetic Resonance) hat sich in den letzten Jahren zur wohl leistungsfähigsten und universellsten analytischen Methode entwickelt. In der Chemie und Biologie dient sie der Strukturermittlung von Molekülen und der Aufklärung von Reaktionsmechanismen. In der Physik und den Materialwissenschaften ermöglicht sie das detaillierte Studium von Materialien und Werkstoffen, und in der klinischen Medizin ist sie zu einem unentbehrlichen diagnostischen Werkzeug geworden. Die Grundlagen für die moderne NMR-Spektroskopie wurden 1965 von E. gemeinsam mit W.A. Anderson durch die Einführung der Fourier-Spektroskopie gelegt, wobei sowohl die üblicherweise sehr geringe Empfindlichkeit der Kernresonanz wesentlich verbessert wie auch die Möglichkeit für die Entwicklung einer Vielzahl von Pulsmethoden geschaffen wurde. Ein weiterer Durchbruch wurde durch die erstmalige Anwendung der zweidimensionalen Fourier-Spektroskopie 1974 erreicht. Damit eröffneten sich faszinierende Möglichkeiten zur molekularbiologischen Strukturbestimmung. Gleichzeitig wurde von E. auch eine neuartige Methode der NMR-Tomographie vorgeschlagen, die ebenfalls auf einer Fouriertransformation beruht. Damit hat er der medizinischen Anwendung einen entscheidenen Impuls gegeben. Seine Methode hat sich, mit geringfügigen Verbesserungen, allgemein in der klinischen Medizin durchgesetzt. Die Gutachter waren einhellig der Meinung, dass seit der Entdeckung der Kernresonanz 1945 durch Purcell und Bloch (Nobelpreis 1952) kein anderer Forscher auf diesem Gebiet so kompetent und innovativ gewesen sei wie E.
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1987
Prof. Dr. Karl A. Müller
Festkörperphysik
IBM
«Damit anerkennt die Kommission die exemplarische Forschungsarbeit auf dem Gebiete der bei höheren Temperaturen supraleitenden Materialien. Dieser Durchbruch eröffnet der Elektrotechnik und Mikroelektronik neue, unerwartete Möglichkeiten.»
1911 entdeckte Kamerlingh Onnes die Supraleitung: Quecksilber, bei Zimmertemperatur ein schlecht leitendes Metall, leitet elektrischen Strom ohne Widerstand, wird es auf eine Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt (etwa -273 Grad) heruntergekühlt. Jahrelang wurde mit verschiedenen Metalllegierungen versucht, die ‘Sprungtemperatur’ – die Temperatur, bei der eine Verbindung supraleitend wird – zu erhöhen, da man annahm, nur ein sehr dichtes Material könne supraleitend wirken. M. und B. hingegen machten seit 1983 Versuche mit pulvrigen Oxydverbindungen und erzielten schliesslich im Januar 1986 den Durchbruch, indem sie mit einer Verbindung aus Lanthan, Barium, Kupfer und Sauerstoff die Sprungtemperatur auf -238 Grad anheben konnten. Ein grosser Vorteil der höheren Temperaturen, die seither erzielt worden sind, liegt darin, dass zur Kühlung nicht mehr das teure flüssige Helium verwendet werden muss, sondern diese mit dem viel billigerem flüssigen Stickstoff vorgenommen werden kann. Die Idee der beiden gab in der Folge Anlass zu einem wahren Wettlauf auf Verbindungen ähnlicher Art, da man sich in der ersten Euphorie ungeahnte Anwendungsmöglichkeiten versprach. Genau dieser breiten technischen und kommerziellen Anwendbarkeit sind aber bislang Grenzen gesetzt: So ist es beispielsweise schwierig, das spröde Material zu verarbeiten, ohne dass dabei die Supraleitung verloren geht.
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1987
Dr. Johannes G. Bednorz
Festkörperphysik
IBM
«Damit anerkennt die Kommission die exemplarische Forschungsarbeit auf dem Gebiete der bei höheren Temperaturen supraleitenden Materialien. Dieser Durchbruch eröffnet der Elektrotechnik und Mikroelektronik neue, unerwartete Möglichkeiten.»
1911 entdeckte Kamerlingh Onnes die Supraleitung: Quecksilber, bei Zimmertemperatur ein schlecht leitendes Metall, leitet elektrischen Strom ohne Widerstand, wird es auf eine Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt (etwa -273 Grad) heruntergekühlt. Jahrelang wurde mit verschiedenen Metalllegierungen versucht, die ‘Sprungtemperatur’ – die Temperatur, bei der eine Verbindung supraleitend wird – zu erhöhen, da man annahm, nur ein sehr dichtes Material könne supraleitend wirken. M. und B. hingegen machten seit 1983 Versuche mit pulvrigen Oxydverbindungen und erzielten schliesslich im Januar 1986 den Durchbruch, indem sie mit einer Verbindung aus Lanthan, Barium, Kupfer und Sauerstoff die Sprungtemperatur auf -238 Grad anheben konnten. Ein grosser Vorteil der höheren Temperaturen, die seither erzielt worden sind, liegt darin, dass zur Kühlung nicht mehr das teure flüssige Helium verwendet werden muss, sondern diese mit dem viel billigerem flüssigen Stickstoff vorgenommen werden kann. Die Idee der beiden gab in der Folge Anlass zu einem wahren Wettlauf auf Verbindungen ähnlicher Art, da man sich in der ersten Euphorie ungeahnte Anwendungsmöglichkeiten versprach. Genau dieser breiten technischen und kommerziellen Anwendbarkeit sind aber bislang Grenzen gesetzt: So ist es beispielsweise schwierig, das spröde Material zu verarbeiten, ohne dass dabei die Supraleitung verloren geht.
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1984
Prof. Dr. Nils K. Jerne
Mikrobiologie/Immunologie
BIFI
«[…] dessen grundlegend neue Konzepte und experimentelle Arbeiten auf dem Gebiet der Immunologie neue Perspektiven für das bessere Verstehen und letztlich die Therapie von Defekten der Immunabwehr des Körpers eröffnen.»
Jerne habe nicht weniger als dreimal das Theoriegebäude der Immunologie revolutioniert: Ein erstes Mal, als er einen Selektionsvorgang für die Antikörperbildung vorschlug und damit die Immunologie gewissermassen aus einer ‘Lamarck’schen’ in eine ‘Darwin’sche’ Phase überführt habe. Die neue Theorie – allerdings in einem wesentlichen Punkt von Burnet modifiziert – erlangte als klonale Selektionstheorie alsbald allgemeine Anerkennung, wobei sie experimentell nicht zuletzt mit der ebenfalls von Jerne entwickelten Haemolyse-Plaquetechnik bestätigt werden konnte. Ein zweites Mal, als er einen Mechanismus postulierte, der es dem Immunsystem erlaubt, seine ausserordentliche Vielfalt von Rezeptoren durch einen somatischen Prozess zu erzeugen. Ein drittes Mal, indem er die Konzeption des Immunsystems als Netzwerk von sich gegenseitig regulierenden Zellen und Molekülen entwarf.
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1975
Prof. Dr. Vladimir Prelog
Biochemie
ETH Zürich
«Der Preis wurde ihm zuerkannt für die Erforschung lebenswichtiger organischer Verbindungen und Reaktionen.»
Prelog galt als Spezialist für Stereochemie, das heisst die räumliche Anordnung der Atome im Molekül und die Beziehungen zwischen Molekülbau und dem Verlauf chemischer Reaktionen. Besonders widmete er sich der Stereospezifität von Enzymen, weshalb seine Forschungen gemäss Gutachten auch für Biologen und Biochemiker von Interesse seien. Den Arbeiten seines Teams – in Verbindung mit Ciba-Chemikern – über eisenhaltige mikrobielle Metaboliten (‘Siderochrome’) sei die Entdeckung zu verdanken, wonach die eisenfreien Komponenten dieser Komplexe das Eisen-III-ion in starkem Masse zu binden vermögen. Das Desferrioxamin B fand in der Folge rasch Anwendung in der Humanmedizin zur Behandlung von Eisenspeicherkrankheiten. Aus dem Jahr 1964 stammen zwei Arbeiten zur Cycloenantiomerie und Cyclodiastereomerie: Theoretisch und experimentell wurde eine neue Stereoisomeren-Gruppe von Ringverbindungen erforscht.
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1950
Prof. Dr. Tadeus Reichstein
Organische Chemie
Basel
«[…] für seine hervorragenden Forschungen und Entdeckungen auf dem Gebiete der Vitamine und Hormone. Diese von ihm fortlaufend bis in die letzte Zeit weitergeführten Forschungen stellen sich nicht nur als bedeutsamen wissenschaftlichen Fortschritt dar, sondern es kommt ihnen zugleich sehr hohe praktische Bedeutung für die das menschliche Leben interessierenden Probleme zu.»
Hauptgebiet von Reichsteins Forschungstätigkeit war die Strukturaufklärung und Isolierung der Hormone der Nebennierenrinde, die sich als Sterinabkömmlinge (Steroide) erwiesen, einer Stoffklasse mit einem viergliedrigen Ringsystem als Grundgerüst. Reichstein gelang als erstem die Konstitutionsaufklärung des Corticosterons und des Desoxycorticosterons sowie deren partielle Synthese. Während die therapeutische Eignung von Desoxycorticosteron bei der Addisonschen Krankheit (Nebennierenrinden-Insuffizienz) rasch erkannt wurde, stellte man die entzündungshemmende Wirkung des Cortisons erst einige Jahre später in den USA fest. Bereits 1933 war Reichstein die erste Totalsynthese des Vitamins C gelungen, die sich aber kommerziell als nicht verwertbar erwies. Eine noch im selben Jahr von ihm entwickelte, auf Traubenzucker basierende Synthese des Vitamins C wurde hingegen zur Grundlage für die industrielle Herstellung.
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1949
Prof. Dr. Walter R. Hess
Physiologie/Neurologie
Zürich
«[…] für seine neuesten Arbeiten über die Regulierungen des Blutkreislaufes und der Atmung, über die Methodik der lokalisierten Reizung und Ausschaltung subkortikaler Hirnabschnitte und über den Schlaf. Die Kommission misst diesen Arbeiten in wissenschaftlicher und in praktischer Beziehung sehr grosse Bedeutung bei. Auf streng wissenschaftlichen Methoden aufgebaut, mit geradezu bewunderungswürdiger Gründlichkeit und Sorgfalt ausgeführt, bedeuten sie in der Tat ein Muster wissenschaftlicher Forschung, die für das menschliche Leben zweifellos hohen Nutzen verspricht.»
Die Regulationsmechanismen der Zirkulation und der Atmung analytisch scharf dargestellt und mit viel Quellenmaterial belegt zu haben war im Urteil der Berichterstatter das grosse Verdienst der Hessschen Arbeiten. Ebenfalls um das Problem der Regulation und Koordination (vegetatives Nervensystem) ging es ihm bei seinen Forschungen zur Reizmethodik des Hirnstamms, für die er mikroskopische Serienschnitte von Katzenhirnen verwendete. Auf diese Weise konnte er experimentell die Lage des Schlafzentrums im Gehirn nachweisen und die Hypothese untermauern, wonach der Schlaf ein biologisches Phänomen des Regulierungssystems des autonomen Nervensystems darstellt.
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1939
Prof. Dr. Leopold Ruzicka
Endokrinologie
ETH Zürich
«[…] für seine hervorragenden synthetischen Arbeiten und Forschungen auf dem Gebiete der Sexualhormone und der Polyterpene […]. Diese Arbeiten sind für verschiedene, das menschliche Leben interessierende Probleme von grösster Bedeutung und haben Herrn Prof. Ruzicka bereits die höchste Wertschätzung der wissenschaftlichen Welt eingetragen.»
Mit seinen Arbeiten zu den Polyterpenen stiess R. die bis dahin herrschende Lehrmeinung um, wonach Kohlenstoffringe mit mehr als acht Ringen nicht existenzfähig seien (Baeyersche Spannungstheorie): Er konnte zeigen, dass sich vielgliedrige Kohlenstoffringe in ihrer Beständigkeit wie offenkettige Polymethylenverbindungen verhalten. R. griff dabei zur Methode der Dehydrierung der Polyterpene zu aromatischen Kohlenwasserstoffen, deren Struktur entweder bekannt oder relativ leicht zu klären war. Indem R. arbeitshypothetisch die bereits früher isolierten menschlichen Sexualhormone als biologische Abbauprodukte des Cholesterins auffasste, gelang ihm die Synthese von Androsteron und Testosteron. Die Entdeckungen R.s fanden in der Riechstoffindustrie (Parfums), in der Medizin und in der pharmazeutischen Industrie Anwendung.
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1937
Prof. Dr. Paul Karrer
Organische Chemie
Zürich
«Die Kommission hat damit die strenge Wissenschaftlichkeit und die hervorragende theoretische und praktische Bedeutung der Forschungen des Hrn. Prof. Dr. Karrer über den Aufbau der polymeren Kohlenhydrate anerkannt. Diese Forschungen ergänzte und bereicherte er durch mehrere Publikationen aus dem Jahre 1922 bis Ende März 1923 in wertvoller Weise.»
Karrer wollte in den preisgekrönten Arbeiten Aufschluss erhalten über Aufbau und Molekülgrösse zuckerunähnlicher Kohlenhydrate (z.B. Stärke , Glykogen, Inulin, Cellulose), ein Ziel, das er mit zum Teil neuen Methoden erreichte (Methylierung, Acetylbromidspaltung, Analyse der Alkalihydroxid-Additionsverbindungen). Er konnte zeigen, dass das Stärkemolekül um einiges kleiner ist als bis zu diesem Zeitpunkt angenommen und dass Stärke, Glykogen und Cellulose auf einen gemeinsamen Baustein, die Glucose, zurückzuführen sind. Berühmt – er erhielt 1937 den Nobelpreis für Chemie – wurde Karrer allerdings für die Strukturaufklärung des Vitamins A, für die erste Synthese des Vitamins B2 und für seine umfassenden Arbeiten zu den Carotinoiden. Sein Lehrbuch der organischen Chemie war während Jahrzehnten ein unumgänglicher Klassiker für alle Studierenden des Fachs.
Spätere Nobelpreisträger
Von 1920 bis 2019 erhielten elf Preisträger des Schweizer Wissenschaftspreises Marcel Benoist auch den Nobelpreis, also 10 Prozent aller Preisträger.
Jahr
Preisträger/in
Fachgebiet
Hochschule